Mitglied werden

Mitgliedschaft – schließlich braucht jeder ein Zuhause!

Als ich vor kurzer Zeit einen Jugendlichen zu einem Gottesdienst „bei uns“ eingeladen habe, wurde ich gefragt, ob man dazu nicht erst Mitglied werden muss. Diese Frage hat mich dann doch ein wenig überrascht, denn so war sie mir noch nie begegnet. Außerdem habe ich es bei anderen Organisationen, z.B. in „meinem Sportverein“, auch anders erlebt. Dort durfte ich an mehreren Veranstaltungen, sozusagen probeweise, teilnehmen, bevor ich Mitglied werden musste. Verhält es sich nun genau so in den FeGs mit der Mitgliedschaft?

Gleich vorweg die gute Nachricht: Eine eingetragene Zugehörigkeit ist nicht nötig um irgendwelche Angebote unserer Gemeinde zu besuchen – auch über einen langen
Zeitraum hinweg. Im Gegenteil, wir möchten bewusst alle Veranstaltungen jedem Interessierten öffnen und dies nicht an gewisse Bedingungen knüpfen. Denn es ist uns wichtig, dass jeder Mensch von der Liebe Gottes erfährt, auch kontinuierlich, ohne irgendwelche „Formalitäten“ erfüllen zu müssen. So freuen wir uns über jeden, der unsere Veranstaltungen besucht.

Noch mehr freut es uns, wenn aus dem Besucher ein »Freund der Gemeinde « wird. So bezeichnen wir denjenigen, dem es bei uns so gut gefällt, dass er dauerhaft kommt. Denn er drückt durch die regelmäßige Teilnahme, evtl. sogar durch Engagement in unterschiedlichster Weise, aus, dass er gerne kommt, dass er durch die Veranstaltungen
angesprochen ist, dass er das Miteinander schätzt, dass er sich mit uns verbunden fühlt.
Und diese Verbindung wird, wie in einer Beziehung zwischen Mann und Frau, noch
bewusster und konkreter gelebt, wenn man sich deutlich bzw. öffentlich zu dem andern stellt. In einer Beziehung wird man ganz verbindlich, wenn man die Ehe eingeht, sich also bewusst bindet. In der Gemeinde geschieht diese Bindung dadurch, dass man Mitglied wird.

Das klingt im ersten Moment eher unattraktiv, da es heutzutage „in ist“ ungebunden zu sein, flexibel entscheiden zu können. Frei nach dem Motto: heute hier, morgen dort. Man will sich nicht mehr binden, doch die Frage ist, ob man ohne Bindung einen Halt hat. Macht es letztlich nicht auch einsam, wenn ich nirgendwo wirklich dazu gehöre? Dabei ist die „Gemeinde vor Ort“ jedoch noch kein Himmel auf Erden. Wir sind also keineswegs alle Engel, jeder hat, wie auch sonst überall, seine Macken. Doch Gemeinde erleben wir dann
als den Ort, wo man Enttäuschungen und Verletzungen ehrlich aufarbeiten und gut ausräumen kann. Auch das hat mit Verbindlichkeit zu tun. Ich gehe dem nicht einfach aus
dem Weg, ich suche mir nicht einfach „eine Neue“, nein ich stelle mich auch den Zwistigkeiten. Du musst also nicht perfekt sein, um Mitglied zu werden. Du musst an
Jesus Christus glauben und darfst dann aus der Kraft seiner Versöhnung leben. [Mt. 18]
Außerdem ist es attraktiv, in der Gemeinde die anstehenden Entscheidungen
mit zu fällen. Darüber zu reden, was „dran“ ist und die Weichen zu stellen, es auch bewusst
mitzutragen. Denn alle wesentlichen Entscheidungen werden in der Mitgliederversammlung getroffen, und wer daran teilnimmt, das sagt schon der Name aus.

Ein weiterer Punkt, der vielleicht gar nicht so im Bewusstsein ist, ist derjenige, dass sich die Gemeinde auch in der Fürsorge ihrer Mitglieder verantwortlich sieht. Im Besonderen hat dies natürlich die Gemeindeleitung im Blick. Da ich persönlich auch dazugehöre, kann
ich hier ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern. Natürlich ist es nicht so, dass wir einzig dabei die offizielle Mitgliederliste vor Augen haben, wenn wir z.B. über die Nöte einzelner Menschen sprechen. Selbstverständlich „sorgen“ wir uns auch um alle anderen „Freunde der Gemeinde“, wie wir sie oben beschrieben haben. Doch stellt sich uns auch die Frage, ob und wie weit dies gewünscht ist.

Damit, dass ich Mitglied werden will, bekunde ich, dass ich mich dieser Leitung anvertraue, die es doch wirklich gut mit mir meint. Außerdem gebe ich ihr weiterhin das Signal, dass sie mit mir rechnen kann. Sie weiß, dass ich ebenfalls bereit bin, Verantwortung zu übernehmen. Außerdem hilft es der Leitung, klare Strukturen zu schaffen, die nötig
sind, je größer die Gemeinschaft wird. Denn ein wenig Organisation lässt sich einfach nicht vermeiden.

Ein letztes und wesentliches Argument für Gemeindemitgliedschaft ist, dass wir dies so in der Bibel finden. Nach seiner Auferstehung hat sich Jesus noch 40 Tage mit seinen Jüngern zurückgezogen, mit ihnen eine Intensivschulung zum Thema „Bau des
Reiches Gottes“ gemacht. Das letzte, was er dann den Jüngern mit auf den Weg gibt, ist der sogenannte Missionsbefehl (Mt. 28,18 ff). Doch was bedeutet er konkret? Wie sollen die Jünger vorgehen? Nur wenige Tage später, an Pfingsten, bekommen wir die Antwort
(Apg. 2). Die Apostel predigen in Vollmacht, Menschen entscheiden sich für das Leben mit Jesus, sie bekommen den Hl. Geist und lassen sich taufen. Und noch etwas ganz Entscheidendes geschieht: Gleichzeitig und selbstverständlich werden diese Menschen zur Gemeinde hinzugefügt – und zwar von Jesus selbst (siehe Vers 47). Das also war Jesu
Idee, wie das Reich Gottes weiter gebaut werden sollte: Gemeinde! Auch Paulus schreibt an ganz konkrete Gemeinden seine Briefe. Er hat die Menschen vor Augen, die dazu gehören. Und den Korinthern erklärt er es ganz deutlich in dem bekannten Bild vom Körper. Als einzelner Christ bist du nie der ganze Leib. Selbst die schönste Nase ist für sich ein armseliges Organ,  wenn sie für sich betrachtet und losgelöst von einem Körper lebt.
Und das schönste Stubsnäschen eines Babys wird nur seine volle Größe, Schönheit und Funktionalität erreichen, wenn sie als Teil des Leibes wachsen und sich entwickeln kann.
Ja, es ist so, die Zugehörigkeit zum Reich Gottes, zum »weltweiten unsichtbaren Leib Christi«, wie es auch manchmal genannt wird, findet in der verbindlichen Mitgliedschaft
in einer Ortsgemeinde seinen sichtbaren Ausdruck.

Doch wie kann man dann Mitglied in einer Freien evangelischen Gemeinde werden?
Einzige Voraussetzung hierfür ist die Entscheidung des Einzelnen für ein bewusstes
Leben mit Jesus Christus als Antwort auf die Liebe Gottes zu uns Menschen. Wer diesen Schritt in die Nachfolge Jesu vollzogen hat und natürlich auch die Grundsätze der Gemeinde akzeptiert, kann den Wunsch zur Mitgliedschaft bei einem Mitglied der Gemeindeleitung nennen. Nach persönlichem Gespräch und Bekanntgabe in der Gemeinde wird er dann aufgenommen. Vielleicht können diese Zeilen Anstoß sein, neu über Mitgliedschaft nachzudenken und dies dann vielleicht sogar persönlich in Anspruch zu nehmen. Nicht nur ich würde mich freuen!

Joachim Lang